Donnerstag, 26. Januar 2012

ebook oder Printbuch?

Seit über einem Monat besitze ich ihn nun: meinen Kindle. Zeit, in der ich mich ausgiebig mit dem Kindle auseinandergesetzt habe, viel gelesen habe (sowohl als ebook als auch als Printbuch), mich durch E-Reader-Foren gestöbert habe… und nun ist es an der Zeit, ein Resümee zu ziehen.

Ich bin immer ein Fan vom gedruckten Buch gewesen: da hatte man noch „ordentlich was zum Anfassen“, Seiten raschelten, der Geruch von toten Bäumen Papier…. Aber ein ebook? Es erschien mir immer so unpersönlich, so kalt, so falsch… als ein Gutenberg-Arschtritt.

Allerdings: würde ich mich in einen zweiwöchigen Strandurlaub begeben, müsste ich in jedem Fall sieben bis neun Bücher (Umfang: je mindestens 500 Seiten) mitnehmen… Im Sommer nahm ich vier Bücher in einen fünftägigen Kurzurlaub mit, in dem wir eigentlich ständig unterwegs waren und ich wenn dann nur abends noch ein wenig auf dem Balkon lesen konnte: am dritten Abend hatte ich das letzte der vier Bücher ausgelesen.
So formte sich in mir der Gedanke: „Nun gut, eventuell wäre ein ebook-Reader doch gar nicht so schlecht. Für unterwegs sicher praktischer.“ Irgendwann hatte ich beschlossen, mir doch einen ebook-Reader zu kaufen – für unterwegs. Im Allgemeinen wollte ich ebooks aber weiter doof finden, denn: Bildschirmpixel sind doch kein Buch!

Im Herbst kaufte Herzblatt sich den Trekstor Reader von Weltbild: zu gross war seine Neugier auf ebooks und zu reizvoll Weltbilds Taktik, den Preis des Readers auf ca. 80 SFr zu senken – wenn man sich so durchs Netz liest, scheinen die Fronten verhärtet zu sein: da gibt es zum Einen die Kindle-Anhänger, zum Anderen die Trekstor-Käufer, denen regelmässig baldige Blindheit prophezeit wird, da die Hintergrundbeleuchtung hier so augenschädigend sei. Die Hintergrundbeleuchtung war für Herzblatt im Übrigen ein Plus-Kriterium: er wollte einen beleuchteten Reader und unabhängig von sonstigen Lichtquellen sein.

Seltsamerweise gibt es zwar natürlich noch ebook-Reader anderer Marken, aber beispielsweise Sony-Kunden werden in diesen e-Reader-Kriegszeiten doch toleriert: die Hauptfehde besteht hier zwischen Amazons Kindle und Weltbilds ebook Reader von TrekStor.

In unserem Haushalt finden sich nun beide Geräte; ja, Herzblatt ist immer noch Herzblatt und auch die Lesegeräte haben sich noch nicht gegenseitig ausgeschaltet.

Herzblatt war übrigens von Anfang an schwer begeistert von seinem Reader (zugegebenermassen aber deutlich akkuschwächer als der Kindle, den ich bis heute noch nie aufladen musste) und schleppt ihn nach wie vor eigentlich ständig mit sich herum. Die Hintergrundbeleuchtung hat es ihm dabei auch sehr angetan, denn wenn er nachts nicht schlafen kann, kann er so recht unproblematisch einfach ein wenig lesen, ohne dass mich das Licht in meinem Schlaf stören würde.

Bevor ich meine Kaufentscheidung letztlich doch zugunsten des Kindles fällte, lieh mir Herzblatt seinen Weltbild Reader auch kurz aus: ob ich mir nicht auch einen solchen holen wollte? Der ist immerhin noch etwas günstiger als der Kindle und im Falle des Kindles ist man doch sehr an das Amazon-Angebot gebunden… Aber nein, mich persönlich irritierte die Hintergrundbeleuchtung, die Herzblatt so toll fand.

Ja, die meisten ebooks kommen im epub-Format daher, welches vom Kindle nicht unterstützt wird. epub-ebooks lassen sich theoretisch zwar mit kostenlosen Tools wie Calibre ins Kindle-Format umwandeln, praktisch sind die meisten aber DRM-geschützt, was diese Umwandlung wiederum unmöglich macht und unpraktischerweise werden die Verschlüsselungen in den wenigstens Shops explizit ausgewiesen

Aber: ich bin ein ausgesprochener Amazon-Fan, Amazon ist sozusagen mein Stamm-Shop und teils konnte ich mich, wenn es hiess „Aber dann kannst du nicht so einfach bei (hier den Namen eines beliebigen Amazon-Konkurrenten einsetzen) einkaufen!“, nur fragen, was das denn für ein Laden sei. Sollte/hätte ich den kennen müssen?

„Du bist so abhängig von Amazon!“

Okay, aber ich kaufe doch eh kaum woanders? Und ganz ehrlich: Amazon! Der grösste Onlineshop der Welt! Ist es wirklich so schlimm, allein auf dieses Riesenangebot angewiesen zu sein? Wir reden hier immerhin von keinem Obsthändler, der nur drei Obstsorten offeriert… im Übrigen hat Herzblatt inzwischen auch einige ebooks auf Amazon entdeckt, bei denen er wiederum bedauerte, dass er sie nicht so einfach auf seinen Weltbild Reader laden konnte.

Und so kam dann also der Kindle zu mir… jaja, nur für unterwegs: vonwegen! Ich habe ihn in den letzten zwei Wochen täglich genutzt, auch daheim, allerdings auch noch Printbücher gelesen; bin also nicht völlig „untreu“ geworden.

Ich hatte Startschwierigkeiten: es hiess, wenn man einen Kindle über sein Amazonkonto bestellt, würde dieser Kindle automatisch mit dem Konto verknüpft und auch direkt eingerichtet sein. Irgendwie dachte ich: „Anmachen und auf geht’s!“ Nee, der Kindle fand sich zwar in meinem Amazonkonto; ein „Kindle-Konto“ war vorhanden; aber als ich den Kindle zum ersten Mal einschaltete, forderte er von mir als letzten Schritt eine Wi-Fi-Verbindung. „Herzblatt!!! Wi-Fi?!“ „Gesundheit!“ Wir nix Wi-Fi. Unsere Nachbarn scheinbar schon  und ich war kurz davor, ein Stockwerk tiefer zu trotten, um Giovanni sein Passwort zu entlocken, als Herzblatt einfiel, sich doch mal mit dem Kindle auf den Balkon zu stellen. Um uns herum gibt es diverse Geschäfte und Gastrobetriebe und oh: ein Hotspot jagte den anderen – sogar unverschlüsselt! (K)Eine Minute später war der Kindle einsatzbereit.




„Ich brauche den Geruch von Papier!“

Erkenntnis Nummer 1: eigentlich rieche ich doch nie an Büchern und die Printbücher in meinem Regal, die überhaupt riechen… sind second hand gekauft und entstammen definitiv Raucherhaushalten, denn wenn die Bücher nach etwas riechen, dann allenfalls nach kaltem Rauch, der sich auf dem Papier abgesetzt hat.

„Ich brauche das Rascheln beim Seiten umblättern!“

Erkenntnis Nummer 2: ich blättere bei Printbüchern schnell zur nächsten Seite; ich raschele nicht herum. Ich reibe nicht über die Seitenecke, ich zerknülle sie nicht, ich knicke sie nicht um, nein, ich blättere weiter. „Blättere“ ich im Kindle, klickt es und ob ein kurzes „Kr“ oder „Klick“: das ist mir egal.

„Bücherregal vs. Online-Speicherung“

„Wenn der Reader nun kaputtgeht…!“ Persönlich ziehe ich mir die ebooks zunächst auf den Rechner und von dort via USB auf den Reader, d.h. meine ebooks sind zum Einen vor Allem eh noch in meinem Kindle-Konto und zum Anderen auf meinem Rechner… geht der Reader nun kaputt, kaufe ich mir einen neuen und ziehe die ebooks wiederum auf ihn. Sollte problemlos gehen, also Gegenfrage: wo sind deine Printbücher, wenn dein Bücherregal abfackelt?   

„Der Reader ist so teuer in der Anschaffung…“

Als ich zuletzt auf der Suche nach ein paar schönen Bücherregalen für die neue Wohnung war, war ich auch überrascht, wieviel Bücherregal heutzutage kosten. Zudem gab es zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag bei Amazon eine Gratis-ebooks-Aktion: täglich konnte man ein anderes ebook kostenlos herunterladen und da waren doch auch einige für mich interessante Titel dabei. Im Kindle-Forum auf Amazon gibt es zudem einen thread, in dem täglich ebooks aufgelistet werden, die ebenfalls just für lau „erkindlet“ werden können. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Werke von Indie-Autoren und ja, da gibts teils Riesenmurks, aber ich bin doch auch auf einige interessante neue Autoren aufmerksam geworden. Rechne ich zusammen, was ich eigentlich für all diese Bücher hätte zahlen müssen (wobei es natürlich fraglich ist, ob ich just diese ebooks sonst tatsächlich gekauft hätte): da war der Kindle günstiger…. Persönlich empfinde ich 99€ nun ohnehin nicht als eine immense Investition.

„ebooks sind nur wenig günstiger als Printbooks.“

Stimmt: die Preisdifferenz zwischen einem Buch als gedruckte Ausgabe und demselben Buch als ebook beträgt aktuell häufig nur 1-2€. Jedoch macht Kleinvieh auch Mist und letztlich läppert sich da doch mitunter schön was zusammen. Preislich besteht vielleicht kein Unterschied zwischen acht Printbüchern und zehn ebooks, aber: der ebooks-Kunde hat für dasselbe Geld mehr zu lesen.

Vor einiger Zeit wurde ein Autor mal auf diese Thematik der nur geringen Differenz zwischen ebook und gedrucktem Werk angesprochen (ich meine, es sei Stephen King gewesen), woraufhin dieser erwiderte: „Kaufen Sie das Papier oder die Geschichte?“

Natürlich: Printbooks kann ich weiterverkaufen, wobei es irgendwo widersinnig ist, mit dem Hinweis auf einen möglichen Wiederverkauf geringere Preise für ebooks verlangen zu wollen, denn für wieviel oder eher wie wenig Geld werden denn die meisten gebrauchten Bücher ge-/verkauft? Kaufe ich mir für 10€ ein Buch, welches ich schlussendlich für 1€ auf dem Flohmarkt verkaufe, habe ich immer noch 9€ für das Buch bezahlt. Wo ist hier der Unterschied zum 9€-ebook-Preis?

Vor drei Jahren habe ich ein brandaktuelles Buch gelesen und den Roman anschliessend gleich versteigert (es war noch innerhalb der ersten Woche nach Veröffentlichung): für jenen Roman habe ich 3€ weniger bekommen als ich ursprünglich gezahlt hatte… für mich ist das Argument „Wiederverkaufswert“ aber ohnehin irrelevant, da ich meine Bücher so gut wie nie verkaufe; ich bin ein Sammler.

Ebenso ist es für mich recht egal, ob ich ebooks verleihen kann oder nicht, da ich auch nur selten Bücher verleihe. Wenn Verwandte oder Freunde ins Spital müssen oder eine Reha ansteht, dann werde ich ob meines grossen Bücherbestandes gefragt, ob ich ihnen ein paar Bücher mitgeben kann, aber a) passiert das nicht so häufig und b) geben die sich dann auch mit Vorhandenem ab und bestehen nicht auf einen Auszug der aktuellen Bestsellerliste. Da hätte ich, selbst wenn ich keine Printbücher mehr kaufen würde, noch mehr als ausreichend Lesematerial im Haus – selbst wenn jemand jahrelang im Spital vor sich hinlaborieren würde.
Ansonsten: ich bin keine Bücherei.

Insgesamt finde ich diese Diskussionen „ebook oder Printbuch“ aber genauso ermüdend wie den Kampf „Amazon Kindle gegen Weltbild Reader“: ja, ich mag gedruckte Bücher, aber ich finde es auch schön, statt einem kiloschweren Schinken mal nur den leichten Kindle halten zu müssen. Ich finde es toll, dass mir hier nicht einfach Seiten zuklappen können und dass ich den Kindle anmachen kann und sogleich wieder auf die zuletzt gelesene Seite eines Buches komme (ohne Blättern, ohne Lesezeichen) und ob auf Display oder Papier: der Text bleibt ohnehin gleich und letztlich geht es doch auch nur um eines – das Lesen.

Können wir uns zukünftig also bitte wieder über Inhalte reden und die Hüllen aussen vor lassen? Danke!


1 Kommentar:

  1. Wow, sehr ausführliche Beschreibung!
    Ich habe seit kurzem auch einen Kindle, obwohl ich ja so was nienienie haben wollte, aber es hat wirklich Vorteile. Momentan lade ich aber nur kostenlose oder sehr günstige Bücher rauf, also "alte Schinken", es gibt ja tolle Klassiker.
    Grund war für mich auch ein Platzproblem, wohin mit den ganzen Büchern, wenn ich mir auch noch all die Klassiker hinstellen würde? (Bei neuen Büchern kaufe ich mir meistens immer noch das gedruckte Werk.)
    Ich habe mich für den Kindle entschieden, weil er wohl mit das beste Display hat. Beleuchtung hätte mich auch eher abgeschreckt, es sollte für mich einem Buch so nah wie möglich kommen. Und die Akkulaufzeit ist beeindruckend, da kann man nicht meckern.
    Ja, die Amazonabhängigkeit... Ich war früher auch ein Hardcore-Amazon-Besteller, davon bin ich seit einigen Monaten weg, seitdem die auch häufiger mit Hermes versenden und hier dem Kunden nicht mal die Wahl lassen. Auf meine Anregung hin wurde mir gesagt, das ginge technisch nicht. Na ja... Ist nicht gerade die brillanteste Begründung, die ich in meinem Leben gehört habe.
    Ich bestelle schon noch ab und zu, aber deutlich weniger.
    Beim eBook gibt es natürlich kein Hermesproblem, das ist schon mal gut. :-) Die technische Abhängigkeit stört mich zumindest momentan nicht. Ich bin sehr zufrieden.

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